Philosophische Reflexionen zwischendurch:
Aufgabe der Philosophie: Reflektierte Lebensführung (Kamlah)
<...In seiner Philosophischen Anthropologie von 1973 forderte er [Wilhelm Kamlah], Ethik habe sich nicht nur mit der Frage zu befassen, was wir tun sollen, sondern auch mit der Frage, wie wir leben können. Ihm ging es um eine Rehabilitierung der Ethik als ars vitae. Die Frage nach dem Leben Können ist für Kamlah identisch mit der Frage nach einem gelingenden, nach einem erfüllten, lebenswerten Leben. Das Leben-Können erschöpft sich nicht im bloßen Am-Leben-bleiben, in der einfachen Selbsterhaltung, sondern bedarf einer reflektierten Führung, soll es gelingen. Diese reflektierte Lebensführung aber ist für Kamlah Aufgabe der Philosophie und eine Philosophie, “die nicht als reflektierte Lebensführung wirksam würde”, ist für ihn keine Philosophie, sondern “allenfalls fachphilosophische ‘Arbeit’ am Schreibtisch und im Hörsaal.”>
Aus der Zeitschrift “Information Philosophie” 5/2000, S.22. Unter der Rubrik “Bericht” der Artikel von Volker Caysa: “Aktuelle deutschsprachige Konzeption einer Philosophie der Lebenskunst”, S. 22-29. Der Artikel bezieht sich auf das Buch: Kamlah, Wilhelm: Philosophische Anthropologie. Mannheim/Wien/Zürich 1984 (1. Auflage 1972), S.149
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Lebenskunst als reflektierte Verbindung von individueller und gesellschaftlicher Ebene (Wilhelm Schmid)
<...Schmid gibt eine Existenzphilosophie, ohne jedoch essentialistisch zu werden. Entgegen den bodenlosen und sich selbst Zweck seienden Lebenskünstlern ist Schmids Lebenskunst Mittel zu einem auch das Individuum übergreifenden Zweck, obwohl sie sich in der Wahl des Individuums gründet. Geht es um die Selbstmächtigkeit des Individuums, erscheint die Lebenskunst als bloßer Selbstzweck. Geht es aber um die Gesellschaft, in der das seiner Selbst mächtige Individuum leben will, dann ist sie Mittel und Grund zur Realisierung eines alle Individuen umfassenden Telos. Philosophie ist hier also nicht nur eine Therapie für den einzelnen, sondern eine Praxis für die Welt als ganze; sie ist nicht nur eine Schule des Lebens, sondern Stifterin einer anderen Lebensform. Nicht überirdische, wohl aber irdische Hoffnungen werden hier verkündet. Es handelt sich um einen Utopismus mit einem positiven Verhältnis zur Macht. Dieses positive Verhältnis zur Macht schließt aber durchaus Kritik der Macht ein.
Schmids Lebenskunst handelt nicht nur davon, wie man durch Philosophie leben lernen kann, sondern wie Philosophie als begreifendes Denken auch wieder eingreifendes Denken werden kann - indem sie auf individueller und gesellschaftlicher Ebene existentielle Verbindlichkeit zurückgewinnt und die Trennung von Denken und Existenz aufhebt.> (S.28f.)
Aus der Zeitschrift “Information Philosophie” 5/2000, S.22. Unter der Rubrik “Bericht” der Artikel von Volker Caysa: “Aktuelle deutschsprachige Konzeption einer Philosophie der Lebenskunst”, S. 22-29. Der Artikel bezieht sich bei Schmid auf das Buch: Schmid, Wilhelm: Philosophie der Lebenskunst. Eine Grundlegung, Suhrkamp, Frankfurt 1998. (stw 1385).
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Götz Eisenberg zur inneren Entscheidung, vor der wir stehen (Der “Schrebergarten-Nazi”)
(Aus Google Books, 2010: “Damit kein Mensch mich mehr vergißt. Warum Amok und Gewalt kein Zufall sind.” S.93-94)
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Jemand, der nur das Nächstbeste will, was ihm gerade einfällt, ist keine ‘Person’ im philosophischen Sinne (Harry G. Frankfurt & Nida-Rümelin)
<...Von dieser Handlungsfreiheit zu unterscheiden ist die Willensfreiheit, die darin besteht, die Fähigkeit zu haben, das zu wünschen, was man wünschen will. Nun macht es einen Unterschied, ob ich schlicht wünsche etwas zu wünschen, oder ob ich wünsche, daß ein Wunsch mein Handeln leitet. Nur der letzte Typ von Wünschen zweiter Ordnung ist das definitorische Merkmal von Personen. Für Frankfurt sind Wesen ohne Volitionen keine Personen, sondern lediglich “Wantons”. Dessen Eigenschaft ist es, sich nicht um seinen Willen zu kümmern. Seine Wünsche bewegen ihn, bestimmte Dinge zu tun, ohne daß er wünscht, durch diese Wünsche bewegt zu werden, noch dass er es vorziehen würde, durch andere Wünsche bewegt zu werden. Für Frankfurt impliziert aber der Begriff des “Wantons” nicht, dass dieser keine Vernunft hätte und nicht in der Lage wäre, darüber nachzudenken, was er tun müsse, um seinen Wünschen gerecht zu werden. Der entscheidende Unterschied zwischen einem rationalen Akteur und einem “Wanton” besteht einfach darin, dass der “Wanton” sich keine Gedanken um die Wünschbarkeit seiner Wünsche macht...> (S.70)
Nida-Rümelin ergänzt diese Ansicht von Harry G. Frankfurt folgendermaßen:
<...Wenn ich mehrere Wünsche habe und mehrere Handlungsoptionen, die unterschiedliche dieser Wünsche befriedigen, dann muß ich abwägen, welche dieser Befriedigungen höherrangig oder wertvoller ist. Ein “Wanton” hingegen, der nur den Wünschen folgt, die im Augenblick seiner Handlung dominieren, organisiert nicht nur sein Leben schlecht, es lässt sich bei ihm auch kein Rationalitätsbegriff finden, der seinem Handeln zugrunde gelegt werden könnte...> (S.71)
<...Es ist nicht die Existenz von Volitionen zweiter Ordnung, die das Personsein ausmachen, sondern es ist die Fähigkeit, Gründe abzuwägen, die Wünsche zweiter Ordnung hervorbringen.> (S.71)
Aus der Zeitschrift “Information Philosophie” 3/2006, S.70/71. Unter der Rubrik “Forschung-Trends-Kontroversen” in der Unterrubrik “Philosophie des Geistes” der Artikel “Für Julian Nida-Rümelin können wir uns nur als frei verstehen”, S.68-71. Der Artikel bezieht sich auf das Buch: Nida-Rümelin, Julian: Über menschliche Freiheit, Reclam Stuttgart [2005]
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Hannah Arendt über die politische Urteilskraft. Sie gibt dabei Kants Begriffsbildung (in seiner Kritik der Urteilskraft) eine politische Dimension.
Das folgende ist ein Zitat aus einem Vortrag von Ernst Vollrath, der ein ausgewiesener Kenner der Schriften und der Denkweise von Hannah Arendt ist:
<Hannah Arendt hat selbst auf den repräsentativen Charakter der Urteilskraft in ihrer politischen Kapazität hingewiesen. Sie sagt:
„Politisches Denken ist repräsentativ in dem Sinne, daß das Denken Anderer immer mit präsent ist. Eine Meinung bilde ich mir, indem ich eine bestimmte Sache von verschiedenen Gesichtspunkten betrachte, indem ich mir die Standpunkte der Abwesenden vergegenwärtige und sie so mit repräsentiere. Dieser Vergegenwärtigungsprozeß akzeptiert nicht blind bestimmte, mir bekannte, von anderen vertretene Ansichten. Es handelt sich weder um Einfühlung noch darum, mit Hilfe der Vorstellungskraft irgendeine Majorität zu ermitteln und sich ihr dann anzuschließen. Vielmehr gilt es, mit Hilfe der Einbildungskraft, aber ohne die eigene Identität aufzugeben, einen Standort in der Welt einzunehmen, der nicht der meine ist und mir nun von diesem Standort aus eine eigene Meinung zu bilden. Je mehr solcher Standorte ich in meinen eigenen Überlegungen in Rechnung stellen kann und je besser ich mir vorstellen kann, was ich denken und fühlen würde, wenn ich an der Stelle derer wäre, die dort stehen, desto besser ausgebildet ist dieses Vermögen der Einsicht und desto qualifizierter wird schließlich das Ergebnis meiner Überlegungen sein. Auf diesem Vermögen einer erweiterten Denkungsart ruht die Urteilskraft, wie Kant sie in seiner dritten Kritik entdeckt und beschrieben hat.“
Aus einem älteren Aufsatz von ihr.>
Der Vortrag von Ernst Vollrath wurde anläßlich des Hannah-Arendt-Symposions im November 1991 in Marburg gehalten. Es war der dritte in der Reihe von insgesamt 6 Vorträgen. Diese Vorträge wurden in der Sendereihe „Die Zukunft des Politischen“ vom HR-2 und SR-2 ausgestrahlt. Der Titel des Vortrags von Vollrath lautete: „Hannah Arendt – Kritik der politischen Urteilskraft.“
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