11.06.10
The Principle of Charity
In der Argumentationstheorie bedeutet das, daß man der anderen Seite das bestmöglichste Gegenargument unterstellt. Ja vielleicht hilft man der anderen Seite noch aufs Töpfchen, damit sie tatsächlich die bestmögliche Position hat (hilft ihr beispielsweise, unnötige Fehler, Widersprüche zu vermeiden). Denn wovon will ich denn selber überzeugt sein, wenn ich mich mit weniger zufrieden gebe? – Da fällt mir gerade ein, der absolute Gegensatz dazu ist das Principle of Worst Interpretation, wie ich es mal nennen will - die Methode der Inquisition. Es beruht offenbar darauf, daß man die andere Seite als Gegner sieht, gegenüber der man unbedingt gewinnen will.
Aber das ist jetzt nicht mein Thema.
Dieses Principle of Charity kann man generell, also verallgemeinert, so sehen, daß man versucht, tolerant gegenüber diversen Fehlhaltungen seiner näheren Mitmenschen zu sein.
Bedeutungen von Charity:
Mildtätigkeit
Wohlwollende Gesinnung
Mitleid
Almosen
Milde
Barmherzigkeit
Menschenliebe
Nächstenliebe
Wohltätigkeit
Mit dieser Charity-Toleranz kann es aber sein, daß man die Rechnung ohne den Wirt gemacht hat!
Was man nämlich oft genug überhaupt nicht erkennt, daß so jemand (= eine Cherry), der/die meine Charity nachhaltig erfuhr, sich im Lauf der Zeit immer mehr oder irgendwann als undankbar/ überheblich/frech mir gegenüber erweist – und jetzt die Pointe: daß dies mein eigenes Produkt ist! Ich selber bin der Cherrianer!
Dies ist die Erfahrung, die sich aus der ‚Verwöhnung’ von Kindern ergibt – und sie ist gleichbleibend gültig auch bei sog. Erwachsenen. Wieso ist das so?
Ein Mensch, der nachhaltig diese meine Haltung der Charity erfuhr, denkt irgendwann: „Ey, der hat’s ja nötig!“. Entweder ist der oder die eine ganz arme Sau oder aber, falls nicht: „Verdammt, ich bin der/die Größte!“. Folglich kann ich ja dem gegenüber ohne Ende frech und überheblich werden. Und siehe da: es klappt tatsächlich. Vielleicht werde ich sogar insgesamt größenwahnsinnig – und bin auch noch glücklich dabei!
In der Regel erkennt man diese faszinierende objektive Dialektik nicht. Man sieht beispielsweise nur den bösen ‚Verrecker’ und die ‚gute Mutter’, die von dem Verrecker gar noch geschlagen wird. Oder die schöne, freche Prinzessin, die überhaupt gar nix im Haushalt macht, nur Geld ohne Ende verpraßt, und die gute Mutter, die alles macht wie ein Aschenputtel, während ihr die Prinzessin noch ein freches Maul anhängt.
Was sich hier mit Kindern abspielt, kann man ohne Weiteres auf Erwachsene und ihre Verhältnisse übertragen.
Beispiele:
Der Psycho, mit dem man redet und ihn irgendwie ernst zu nehmen versucht.
Der Obdachlose, den man ohne Vorsichtsmaßnahmen zu sich nach Hause einlädt.
Der Freund, dem man etliche Kleinigkeiten durchgehen läßt (z.B. er gibt mir das geliehene Geld nicht zurück, ich bezahle ziemlich häufig für ihn mit).
Die/der Geliebte, bei der/dem man die Augen verschließt gegenüber ihren/seinen kleinen Affären.
Der erwachsene Sohn, den man nach wie vor ernst nimmt, obwohl der keinen richtigen Respekt mehr hat und nunmehr alles besser weiß.
Es scheint aber noch eine versteckte Geheimlogik zu geben. Die gewieften Cherries strecken gerne Fühler der Hilflosigkeit, der Armseligkeit aus, welche die Cherrianer nur gar zu gerne ergreifen, um ihre Charity, und damit ihre eigene innere Seelen-Größe zu zeigen.
Beispiel:
Die Bewerberin in einer gemeinnützigen Organisation, die sich geschickt als arme Sau produziert, sodaß ihr nun die Herzen der Cherrianer und Cherrianerinnen zufliegen. Auf diese Weise kann sie diverse Leute um ihre Finger wickeln, die bereit sind, viel für sie zu tun und viel für sie zu geben. Wenn sie beispielsweise (in ihrer unendlichen Notlage viel!) Geld geliehen hat, können die guten Seelen sehen, wie sie das wieder zurück bekommen - nämlich nie.
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