Rassismus als Ideologie

 

<Es gehört zum Wesen teuflischen Starrsinns, daß er in immer neuen Kleidern erscheint; und es gehört zum Wesen der jeweiligen Zeitgenossenschaft, daß sie sich zwar tolerant fühlt in bezug auf gewesene Streitfragen, daß sie aber den Teufel in der neuen Uniform nicht erkennt. Wir sind immer nur “aufgeklärt” in den Fragen der Vergangenheit; wenn es um Gegenwärtiges geht, dann haben wir unsere festen Überzeugungen. Und ist gar die Gegenwart eine krisenhafte, neigen wir beinahe naturnotwendig dazu, den Besitzer anderer Überzeugungen zuerst einmal für einen Schurken zu halten.>  (S. 230)

(Quelle: Karl Schlechta: “Das offene Gespräch als Ausdruck der Freiheit”, in: Gerhard Szczesny (Hg.); Jahrbuch für kritische Aufklärung, Club Voltaire I, Hamburg 1969 (ursprünglich 1963), S. 222-236)

 

20,07,17

Rassismus als Ideologie

Der Begriff Rasse ist gemäß Tradition biologisch geprägt. Man spricht beispielsweise von ‚Hunderassen‘ und meint damit biologisch ausgeprägte Merkmale bei Hunden. Dackel sind somit eine andere ‚Rasse‘ als Schäferhunde. Bei den Menschen verhält es sich ganz analog. Pygmäen sind eine andere Rasse als Indianer und Mongolen eine andere Rasse als Aborigines in Australien.

Dass es den Rassismus, als Vorstellung der Unterordnung oder Verfolgung einer Menschen-Rasse durch die andere, gab und teilweise noch gibt, ändert im Sinne des traditionellen Rassebegriffs nichts an dem Tatbestand der biologischen Unterschiedlichkeit. Als traditioneller Rassismus im übelsten Sinne gilt beispielsweise die Tatsache, dass in Feuerland gegen die indianische Bevölkerung systematische Jagden der weißen Kolonialisten organisiert wurden – ähnlich wie gegen die Büffel in den nordamerikanischen Prärien. So wurde von vielen Schafzüchtern eine Prämie von einem Pfund Sterling Kopfpreis pro Abschuss eines Indianers ausgesetzt. Das Londoner Anthropologische Museum bezahlte gar bis zu acht Pfund Sterling für den Kopf eines Feuerländers. Dies führte zu regelrechten Killerkommandos, die Jagd auf die indigenen Völker machten. [Quelle: Wikipedia]

_______________________________

Gegenwärtig (seit ca. 2010) wird der traditionelle biologische Aspekt des negativ konnotierten Rassismus-Begriffes systematisch getilgt, weil es in neuerer Sichtweise keine verschiedenen Menschenrassen gibt. Stattdessen wird der negative Rassismusbegriff soziologisiert. Überall wo Menschen einer anderen Ethnie, Kultur, Hautfarbe oder Religion etc. benachteiligt, kritisch gesehen oder gar diskriminiert oder verfolgt werden, handelt es sich demgemäß soziologistischerweise um ‚Rassismus‘.

Und hier setzt der ideologische Aspekt ein: Warum verwendet man heutzutage den Rassismus-Begriff trotzdem immer noch, wenn es doch keine unterschiedlichen Menschenrassen gibt? Dann müssten doch von Rechts wegen die Begriffe, die übrig geblieben sind, verwendet werden; z.B. Benachteiligung, Diskriminierung, haltlose Kritik, Abwertung, Verfolgung usw. – Die Erklärung dafür, warum das nicht geschieht, ist einfach: Die klassischen Rassisten gibt es immer noch und sie sind in der Tat immer noch rassistisch drauf gegenüber anderen Ethnien, Kulturen, Hautfarben, Religionen usw. - Und wenn irgendjemand sich auch nur irgendwie kritisch einigen Menschen fremder Ethnie, Kultur, Hautfarbe, Religion z.B.  speziell  der islamischen Weltanschauung gegenüber äußert, so ist er schon allein deswegen als ganz gemeiner ‚Rassist‘ entlarvt – auch wenn der sich selber keineswegs als ‚Rassist‘ sieht. In dieser letzteren Verhaltensweise gegen irgendjemand liegt der ideologische Kern begraben.

Denn diese undifferenzierte Verhaltensweise gegen irgendjemand, der sich selber keineswegs als (klassischen und entsprechend unheilvollen) Rassisten sieht, hat eine fatale strukturelle Analogie zum nationalsozialistischen Antisemitismus. Bei diesem wurde nämlich ebenfalls nicht differenziert beispielsweise zwischen national gesinnten Juden, die sich im 1.Weltkrieg an der Front für Deutschland einsetzten und den übrigen Juden. Denn alle Juden hatten  das bösartige ‚Blut‘ in sich, d.h. die biologisch ererbte Substanz der grundsätzlichen jüdischen Bösartigkeit und Gefährlichkeit der arischen Rasse gegenüber. Gleichgültig, ob es auch gutartige oder national gesinnte Juden gab, das wurde schon auch manchmal gesehen, hatten sie aber (leider leider) doch jene bösartige Erbsubstanz in sich. Und deswegen sollten sie gemäß Hitler alle ‚ausgerottet‘ werden. Laut Himmler „mußte der schwere Entschluß gefaßt werden, dieses Volk von der Erde verschwinden zu lassen. Für die Organisation, die den Auftrag durchführen mußte, war es der schwerste, den wir bisher hatten.“ (Wikipedia)

Dementsprechend hat in der strukturellen Analogie zu dem heutigen soziologistischen Rassismus-Begriff jeder Beliebige, der sich auch nur irgendwie kritisch einigen Menschen fremder Ethnie, Kultur, Hautfarbe, Religion, z.B.  speziell der islamischen Weltanschauung, gegenüber äußert, schon die bösartige Substanz des (klassischen) Rassismus in sich, vielleicht ohne es zu merken und ohne das eigentlich zu wollen. – Das hat den Vorteil: man braucht solche Kritik nicht ernst zu nehmen, ja man kann solche Personen dafür auch noch gefahrlos brandmarken und diskriminieren, beispielsweise als ‚Nazis‘. Und einige (subjektiv gutmeinende) Radikale denken, sie seien deswegen vollauf berechtigt, nun auch Gewalt anzuwenden – wofür sie dann womöglich ungestraft davonkommen, weil diese ja einem anerkanntermaßen guten Zweck dient.

________________________________

 

Der grundlegende Fehler dieser Disposition liegt darin, dass hier ein ‚Eigentliches‘, Substanzielles zum Absolutum erhoben wird, für das schon ein unerheblicher Hinweis genügt, um ihm zu entsprechen. Bei den (realen) Nazis war das Eigentliche, dass jemand Jude war (beispielsweise weil seine Vorfahren jüdischen Glaubens waren). Das war der unerhebliche Hinweis, um ihn der Deportation nach Auschwitz auszuliefern. Sein tatsächliches Lebensverhalten, also das, was wirklich zählt, spielte keinerlei Rolle.

Analog ist es bei dem neueren soziologistischen Rassismus-Begriff. Die Kritik an einigen Menschen fremder Ethnie, Kultur, Hautfarbe, Religion, oder Kritik am Islam, wird zum Absolutum des klassischen Rassismus erhoben für das schon ein unerheblicher Hinweis genügt, um der bösartigen Substanz des klassischen Rassismus zu entsprechen. Das wirkliche Lebensverhalten des Kritikers, also das was wirklich zählt, spielt dabei keinerlei Rolle.

 

Im Übrigen entsteht durch den soziologistischen Rassismusbegriff nicht nur eine autoritäre, freiheitsfeindliche ideologische Tendenz im öffentlichen Diskurs sondern auch noch zusätzlich eine ziemliche Begriffsverwirrung.