26.03.06
Erhebe dich aus der Asche deiner Freiheit – als Zombie
Es ist schon witzig, wieviel Leute (relativ) voll in der Freiheit lebten – und dann plötzlich abstürzten. - Im Nachhinein, innerhalb der jeweiligen grauenhaften Düsternis der Unfreiheit, erscheint dem Betroffenen und auch dem, der diese schöne Zeit sozusagen von Außen miterleben durfte, diese Vergangenheit als absolut volle Freiheit (obwohl es natürlich trotzdem eine Freiheit mit vielen Einschränkungen war). Jüngstes Beispiel für mich ist René. Bekanntestes Beispiel ist meines Wissens Syd Barrett von den Pink Floyd (1968/69). Die Betroffenheit über dieses Phänomen Syd Barrett prägte einen großen Teil der reflexiven Pink-Floyd-Musik danach, insbesondere dann schließlich ‚The Wall’ - oder sehe ich hier was falsch?
Während die übrigen Pink-Floyds vergebens darauf warteten, daß Syd Barrett nach 1969 wieder aus seiner Asche sich zum Leben erheben würde, gibt es andere Freiheitskämpfer, die es schafften, sich aus der Asche wieder hoch zu rappeln. Die Frage ist aber: zu welchem Preis?
Immer scheint dies mit einem wesentlichen Verzicht verbunden zu sein. Also sie rappelten sich deswegen wieder auf, weil sie sich zu einem entscheidenden Verzicht durchgerungen hatten. Das ist auch an und für sich gut erklärbar. Wenn sie sich wegen eines (logischen) Lebens-Widerspruchs in die Scheiße verwickelt hatten, so ist es nur logisch, diesen Widerspruch (einseitig) aufzulösen, um aus der Scheiße wieder rauszukommen. Auf eine Seite des Widerspruchs mußten sie also logischerweise verzichten und sodann wieder (halbwegs) zum Leben zu erwachen.
Beispielsweise könnte solch ein Widerspruch bedeuten:
Einerseits will man freiheitlich in den Tag hineinleben, andererseits will man endlich was werden (man macht beispielsweise ein Computer-Geschäft auf – und ist zu guter Letzt wer) und ist dann gezwungen, Tag für Tag von Morgends bis Abends auf der Matte zu stehen. Da man den Widerspruch nicht vereinbaren kann, gerät man nach allen Investitionen wirtschaftlicher, sozialer und psychischer Art in eine fürchterliche Krise. – Die übliche Zombie-Lösung ist schließlich (wenn überhaupt): steh Tag für Tag zu diesem Geschäft oder zu dieser Arbeit – und zwar jahrelang - und vergiß es, in den Tag hineinzuleben!
Oder: Einerseits will Mann die Freiheit des Weibervögelns, andererseits nimmt Mann das nun mit einer bestimmten Frau ernst, hat z.B. 1 Kind mit ihr, will endlich sich über diese Angelegenheit Klarheit verschaffen. Da Mann den Widerspruch nicht vereinbaren kann, gerät Mann schließlich in eine fürchterliche Krise, die alle Plagen der Büchse der Pandora entlädt (Geschlechter-Kampf, Eifersucht, Paranoia, Lebensverzweiflung usw.). – Die übliche Zombie-Lösung ist (wenn überhaupt): Halte dich an eine Frau und unterdrücke alle sonstigen Regungen zu attraktiven Weibern!
Oder: Einerseits will man die Beziehung mit einem wohlgesonnenen Menschen (einem Freund, einer Freundin), andererseits demonstriert man ihm/ihr die Kälte der eigenen überlegenen Rolle, in der man sich (mittlerweile) ihm oder ihr gegenüber befindet (beispielsweise als Professor, Geschäftsmann, anerkannter Künstler). – Wenn sich dann der der Freund bzw. die Freundin naturgemäß abwendet, ergibt sich 1 ernsthaftes Problem – je nach Wichtigkeit dieses Menschen. – Die übliche Zombie-Lösung des Arrivierten ist: laß dich nie mehr ernsthaft auf einen Freund oder eine Freundin ein!
Wieso sage ich zu diesen - doch sehr üblichen - bürgerlichen Lösungen, daß es ZOMBIE-Lösungen sind? Man könnte doch meinen, der jeweilige Mensch hätte aus seinen Erfahrungen gelernt? Erstens gibt es meines Wissens nie Lösungen, die wieder zurück in die alte (volle) Freiheit führen. Zweitens:
Das Problem ist, daß es vorher Freiheit (in einem ungewöhnlichen und unerfaßbaren Sinne!) gab, und nachher gibt es nur noch ein halbwegs straightes vor sich Hinleben und Arbeiten. Diese vorhergehende Freiheit hat ungeahnte Kräfte erweckt, die nachher nur noch partiell (bestenfalls spezialisiert) erlebt und verarbeitet werden können. Aber die Dialektik (der bürgerlichen Gesellschaft) will es, daß man sich in dem Freiheitszustand nach diesen straighten Zuständen sehnt – und umgekehrt in dem straighten Zustand nach den Freiheitszuständen. (Vielleicht lohnt es sich, darüber einmal weiter nachzudenken!).
Wie man’s macht ist es falsch. Oder lt. Adorno: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“ (Minima Moralia).
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