Kritikimmunität

 

16,06,14 -   Kritikimmunität und Idealisierung

Zitat:
 

<I usually never get that far in my discussion, of course, because data rarely impress people who have decided in advance that something is wrong with the picture.> 
Aus: Lawrence M. Krauss: A Universe from Nothing: Why there is Something rather than Nothing. (S.18 von 186 im Amazon E-Book), New York, Free Press 2012.

Wer, der ernsthaft argumentieren kann, hat nicht schon diese Erfahrung jenes  Autors gemacht: Du kannst mit Engelszungen reden und noch so begründungsmäßig argumentieren, du hast von vorneherein keine Chance! Oft sieht man dann bei seinem Gegenüber ein verklärtes, überhebliches Lächeln oder aber finster auf dich gerichtete böse Augen (im Falle du gerade im Verdacht stehst, was ‚Ungehöriges’ zu sagen).
Man fragt sich, warum kann dieses Gegenüber nicht einfach mal zuhören und sich die Sache überlegen? Evtl. weitere Zusatzfragen stellen oder auch ein relevantes Gegenargument  bringen, dass das, was ich sage, aus dem und dem Grund nicht richtig stimmt?  Also keine (beleidigende) Unterstellung, ohne wirklich auf das einzugehen, was ich sage bzw. kein einfach nur stummes Schweigen als Gesamtreaktion. Warum diese störrische Ignoranz von vornherein? – Ich glaube, mit dieser Fragestellung hatten schon manche ihre liebe Not, sie befriedigend zu beantworten. Dazu möchte ich nun einen kleinen Beitrag leisten, der hier meines Ermessens weiterhelfen kann.
 

Das eigentliche Geheimnis der Sache ist meiner Ansicht nach die ‚Idealisierung‘.  Jemand fragt mich z.B. „was willst du denn mit diesem dummen Mädchen?“ Und ich bin beleidigt, weil dies doch meine ‚Große Liebe‘ ist – die ich kritiklos idealisiere. Oder jemand kritisierte im 3. Reich die Kriegspolitik von Adolf Hitler, der doch bei vielen ‚Volksgenossen‘ geradezu als neuer Messias religiös verehrt  (also kritiklos idealisiert) wurde: der  Kritiker konnte von Glück reden, wenn er ungeschoren davon kam. Oder jemand kritisiert (2015) die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel: er wird sofort mindestens als Rassist, wenn nicht gar als Nazi ‚erkannt‘ – denn die ‚Flüchtlinge‘ sollen ausnahmslos alle von vornherein idealisiert werden – das ist das Pflichtprogramm gemäß der offiziellen Propaganda. – Sicherlich sind streng-religiöse Menschen ebenso empfindlich, wenn ihre Idealisierungen kritisiert werden, wenn man also klarstellt, dass das ein Haufen Kakolores ist, an den sie da glauben. - Interessant ist wahrscheinlich auch der Fall einer Person, die sich selber idealisiert (also in Richtung hin zum  Größenwahn, zumindest zur Selbstüberschätzung, tendiert), diesselbe kann natürlich auch keine Kritik vertragen.
 

Es gibt also meiner Ansicht nach eine berechtigte Annahme, dass man hinter der Kritikimmunität die Idealisierung zu suchen  hat, die eigentlich dahinter steckt. – Das sollte man nicht zu leicht nehmen, denn in der Idealisierung verbirgt sich ein ganzes inneres Wertesystem (oder auch Selbstverständlichkeits-System) des betreffenden Menschen, auf das er schwerlich (sofort) verzichten kann, ohne sich selber in die Luft zu sprengen.